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Zur Erinnerung an Sophie Scholls Geburtstag am 9. Mai 1921


Vor gut 20 Jahren besuchte ich in München den recht versteckt liegenden kleinen Gedenkraum für die Geschwister Scholl in der Münchner Maximilian-Universität. Neben allerlei Exponaten fiel mir eine mit folkloristischen Stickereien versehene Bluse von Sophie Scholl auf, die mich ob ihrer zarten Schlichtheit sehr anrührte. In mir kam dabei neben einiger Traurigkeit ein Zorn hoch, wohl weil für mich diese Bluse ein Symbol für Sophie Scholls junges Leben war, was die elenden Naziverbrecher so grausam beendeten. Wenn ich es mir recht überlege, hat sich dieser Zorn nie gelegt, aber auch nie die Bewunderung, die ich für Sophie Scholl empfinde ohne ihren Bruder Hans und ihre mutigen Mitstreiter Alexander Schmorell, Christoph Probst, Willi Graf und Prof. Kurt Huber zu vergessen.

Meine tiefe Bewunderung speziell für Sophie Scholl rührt wohl daher, dass sie von einer idealistischen NS-Anhängerin durch die ständige Befragung ihres Gewissens zu einer entschiedenen Widerstandskämpferin wurde und ein sehr widersprüchlicher, eigensinniger, freiheitsliebender und künstlerisch begabter Mensch war. Vielleicht hat sie aus dieser erstaunlichen Charaktervielfalt ihre für uns fast nicht fassbare Willensstärke genommen, mit der sie dann am 22. Februar 1943 das Schlimmste auf sich nahm.

Man hat der „Weißen Rose“, wie ich finde, etwas selbstgerecht vorgeworfen, sie sei als bürgerliche Widerstandsgruppe zu leichtsinnig gewesen und hätte sich aus idealistischen Gründen, fast unpolitisch geopfert. Das glaube ich nicht, weil sie sehr konspirativ und umsichtig agierte. Ihre Flugblätter, besonders die letzten, forderten in einer Vehemenz zum Widerstand auf, was nicht nur die Nazis sehr nervös machte, sondern auch so manchen in Deutschland und später noch während des Krieges in der Welt aufhorchen ließ.

Der tätige Idealismus der Weißen Rose und Sophie Scholls ist ein Symbol des erwachenden Gewissens und der Pflicht, nach den Maßstäben zu suchen, die wir alle in uns haben: sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, frei zu werden, mitfühlend zu sein und sich für eine bessere, gerechtere Welt in der Nähe und Ferne einzusetzen. (VN)

Am 16. November 2021 haben wir Maren Gottschalk eingeladen, uns ihre neue Biographie „Wie schwer ein Menschleben wiegt. Sophie Scholl“ im Haus der Kirche vorzustellen. Wir freuen uns schon jetzt auf zahlreiche Teilnahme.